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Entdeckt hat Clemens Eidmann seinen knuffigen Camper-Oldie im Elsass – und in Frankreich ist er auch besonders gerne unterwegs. Unterwegs mit Renault Estafette.
Ein Faible für französische Fahrzeuge hatte er schon lange, und begonnen hat alles mit zweirädrigen Oldies: „Ich hab früh angefangen, an ollen Velosolex zu schrauben“, blickt Clemens Eidmann zurück. „Alte Fahrzeuge haben mich schon immer fasziniert – da war dann der Sprung zu französischen Autos nicht weit.“ Eine Renault Dauphine ermöglichte eine Weile später stilvolle Ausfahrten: Doch Clemens hatte noch ein etwas größeres „voiture“ im Sinn, eben die Estafette – „wobei es ja eigentlich ‚der‘ heißen müsste“, meint er schmunzelnd. „Aber das nimmt so ein alter Renault nicht so ernst.“
Der Renault Estafette – der Begriff lässt sich mit „Melder“ oder „Meldegänger“ übersetzen – kam schon 1959 auf den Markt und prägte in seinen drei Generationen das Bild französischer Straßen über Jahrzehnte. „Der Wagen wurde, so hat es mir mal einer erzählt, vor allem für die engen Gassen in den französischen Großstädten entwickelt“, erklärt der 35-Jährige, während er die dreiteilige Heckklappe des roten Schätzchens für erste Einblicke öffnet. „Tja, da kann sogar der Bulli abstinken bei so einem Laderaum“, schmunzelt er, ohne es so ganz ernst zu meinen. Unter Oldtimer-Freunden darf es gerne zotig zugehen, ohne dass jemand verletzt sein müsste.
Aus Oldiekreisen stammt auch sein Modell – und es war ganz sicher kein Fehlkauf, obgleich blind getätigt. Darüber staunt Clemens noch heute: „Ich hab tatsächlich nach genau so einer Ausführung gesucht und war auch in Frankreich unterwegs, unter anderem auf dem großen Markt in Lipsheim. Gesehen hat das Auto dann aber ein Freund von mir – als ich schon wieder daheim war. Und ich Dussel sag dann doch tatsächlich am Telefon zu und nehm die Kiste. Blind, nur auf die Aussagen meines Kumpels vertrauend.“
Gut, wenn man Freunde mit Durchblick hat: Der Wagen, Baujahr 1965, hatte nur rund 28 000 Kilometer auf der Uhr, und die Substanz war absolut solide, wie sich ein halbes Jahr später herausstellen sollte, als Clemens das Auto endlich auf eigener Achse abholen konnte. Dunkelrot war es zu diesem Zeitpunkt tatsächlich schon: „Es war aber auch schon mal feuerwehrrot, als es bei einer Gemeinde im Einsatz war – und ganz ursprünglich sogar weiß. Aber die jetzige Farbe gefällt mir am besten.“
Nicht ganz so viel Gefallen fand der Oldie-Fan am Innenausbau, denn der war schlicht nicht vorhanden. Wenigstens gab’s Raum, eigene Ideen entwickeln zu können und 2013 zunächst ein pfiffiges Ausziehbett mit unten angefügter Klappverlängerung zu konstruieren, das immerhin 201 auf 125 Zentimeter misst. „Ja nun, meine Freundin ist auch einen Kopf größer als ich ...“
Nutzt man das Bett als Sitzbank, bemerkt man die Aussparung im Polster, das sich perfekt um das nachträglich eingebaute Lamellenfenster links im Heck wölbt. „Das hab ich im Internet für 50 Euro ersteigert – und bekam es sogar noch vorbeigebracht, damit nix dran kaputt geht“, gesteht er grinsend. Kenner dürften bei diesen Worten stöhnen, werden doch solche Original-Westfalia-Fenster – eigentlich gedacht für den T1-Bulli – in der Regel deutlich teurer gehandelt. Für den Einbau im Renault wurden die Aluminiumrahmen lackiert, sodass sich die Luke harmonisch unauffällig in die Flanke fügt. Abgesehen davon, dass sie natürlich technisch einwandfrei der Belüftung dient. „Es tat trotzdem ganz schön weh, die Stichsäge am Blech anzusetzen“, gibt Clemens zu, der den Blechausschnitt selbstredend aufbewahrt hat. „Gehört ja zur Historie!“
Modifikationen am Auto versucht Clemens grundsätzlich reversibel zu gestalten; sie dürfen nicht zu tief in die Struktur eingreifen – der Originalität willen. So stützt sich die Ablage aus Streckmetallgitter fürs Bettzeug über den Vordersitzen an der bereits vorhandenen Strebe hinterm Fahrersitz ab, während das vordere Gestühl einem Fiat entstammt und für 50 Euro auf dem Gebrauchtmarkt erstanden wurde. „Die Original-Sitze waren arg unbequem, die liegen jetzt daheim – so ist das schon besser. Das gilt auch für die Gurte, zum Glück waren die entsprechenden Aufnahmen schon im Auto verbaut. Die sind ja auch sinnvoll.“
Eine sinnvolle Ergänzung ist auch das „Badezimmer“ des Campingbusses, das man preislich wohl kaum unterbieten kann: Ein Eigenbaumöbel nimmt unten zwei Kanister für Frisch- und Brauchwasser auf. Der an einem stabilen Draht verlaufende „Wasserschlauch-Hahn“ wird per Fußpumpe aus dem Bootszubehör versorgt, wobei das Edelstahlbecken mit rund 15 Euro noch der teuerste „Brocken“ war. Und der schicke Klemmspiegel vom Flohmarkt vermutlich aus den 1930er Jahren stammt. Er gibt dem Badezimmer das rechte Flair – und man stellt mit Erstaunen fest, wie viel Charme solch eine aus der Not und schmalem Portemonnaie geborene Eigenkonstruktion versprühen kann. „Es funktioniert, es geht keine Elektrik kaputt, und es war günstig.“ Clemens strahlt.
Auf den Camping- oder Stellplätzen – vor allem in der Bretagne sind Clemens und seine Freundin Annette mit Genuss unterwegs – ist das Auto natürlich stets ein Hingucker. „Aber auch auf der Autobahn gibt es immer mal wieder einen hoch erhobenen Daumen oder Applaus, das freut uns natürlich.“ Der Wagen verdient durchaus einen zweiten oder dritten Blick, so knuffig-organisch wölben sich die Flanken, die Front und gar das Heck: Lange vor aerodynamischen Vorgaben durften Designer ihren Autos noch Charakter ins Blech prägen. „Vielleicht sieht man uns auch deshalb das eher moderate Tempo nach“, erklärt Clemens, der dem 39 PS starken Renault seine eigene Geschwindigkeit zugesteht, gerne aber auch mit offener Tür fährt. „Legal, wohlgemerkt“, erklärt der junge Diplomingenieur, während er die Schiebetür auf der Fahrerseite öffnet und dafür die Türkette vorhängt.
„Klar, 100 Sachen sind schon mal drin, aber dann quält sich der Vierzylinder schon recht heftig. Tempo 80 ist da deutlich angenehmer zu fahren; dann liegt auch der Verbrauch bei zehn Litern oder drunter.“ Als eingetragene Höchstgeschwindigkeit sind in den Papieren 95 Stundenkilometer vermerkt – allemal ausreichend für das skurril anmutende Wägelchen.
Und kurios sieht er in der Tat aus, der „Melder“: „Es ist aber gerade diese Form, die mir so gefällt“, erklärt Clemens. „Der kurze Radstand und das hohe Dach – genau das finde ich persönlich so schön. Aber das war schon so, als ich das Auto zum ersten Mal in der Realität und nicht nur auf Fotos gesehen habe“, erklärt er, während auf dem ebenfalls vom Flohmarkt bezogenen, ursprünglich aus der DDR stammenden Gaskocher das Wasser für den Abschlusskaffee wallt. Unterdessen reckt sich hinter uns mutig geformtes Blech in den sonnigen Himmel. Es gibt Formen, die sollte man fast in Öl malen ...
Ein wendiges Nutzfahrzeug sollte es werden, ein Multitalent für den Bäcker wie für die Polizei – und allen wurde „der“ Estafette gerecht. Entsprechend häufig sah man den „Melder“ noch in den engsten Gassen: Drei Generationen lang entwickelte Renault das Modell weiter, unterschiedliche Gewichtsklassen, Aufbauten und Motoren sorgten für Vielfalt und eine Stückzahl jenseits einer halben Million. Erst 1980 übernahmen Renault Trafic & Renault Master das Zepter.
Basis: Renault Estafette (1965) Länge/Breite/Höhe/Radstand: 4090/1780/2270/2270 mm Leergewicht: 1085 kg, zul. Gesamtgewicht: 1885 kg Einzelradaufh., Trommelbremsen, Wendekreis max. 11,5 m, 4-Zylinder-Ottomotor, 1289 ccm, 29 kW/39 PS, Vmax: 95 km/h, Verbr.: 10 L/100 km, 4-Gang-Schaltgetriebe.
Preise: Der Neupreis lag kurz vor Produktionsende bei gut 11.000 DM, heute werden ordentliche Autos ab 5000 Euro gehandelt, Sammlerstücke deutlich höher. Mehr Auswahl gibt es natürlich in Frankreich. Vielleicht ein Grund für eine Reise …?
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